Eschershausen (red). Ganz egal, ob ein süßer kleiner Welpe einzieht oder ein Tierschutzhund ein neues Zuhause findet, ist Erziehung unverzichtbar.

Unsere Kinder lassen wir doch auch in der Regel nicht im Regen stehen. Wir zeigen ihnen, wie man sich adäquat in unserer Gesellschaft bewegt. Wir bringen ihnen bei, dass man sich höflich und mit Respekt anderen gegenüber verhält. Wir erklären ihnen, dass es asozial ist, wenn wir unsere Fäuste einsetzen oder Eigentum beschädigen.

Doch warum fällt es vielen Menschen so schwer ihren Hunden nötige Grenzen aufzuzeigen?

Ist es der niedliche Blick, das flauschige Fell oder weil wir Angst haben, dass unser vierbeiniger Freund uns dann nicht mehr mag?

Wäre es nicht für alle Beteiligten viel einfacher, wenn wir unseren Hunden, egal wie alt sie sind, gleich beim Einzug wesentliche Benimmregeln aufstellen und auch durchsetzen?

Ich meine damit nicht den Kasernenhofton und auf gar keinen Fall Gewalt. Gewalt beginnt dort, wo Wissen aufhört. Ich meine liebevolle Konsequenz. Ein souveräner Partner hat es gar nicht nötig, wütend oder gewalttätig zu agieren.

Ich erinnere mich an diverse Aufenthalte in Jugendherbergen in meiner Kindheit. Dort gab es eine Menge Regeln. Unter anderem durften wir nach 22 Uhr unsere Zimmer nicht mehr verlassen. Das Licht sollte ausgeschaltet sein und wir bestenfalls schlafen. Das war damals für unsere Lehrer eine enorm wichtige Vorschrift. Haben wir uns nicht darangehalten, hatte das Konsequenzen – im schlimmsten Fall mussten wir sogar vorzeitig abreisen.

Wir Kinder wussten also von Anfang an, welche Regeln in der Jugendherberge gelten. Es war fair. Wir konnten selbst entscheiden, ob wir sie einhalten oder nicht. Mussten jedoch mit strengen Konsequenzen rechnen, wenn wir sie brachen.

Es ist auf jeden Fall immer einfacher, von Anfang an die Grenzen aufzuzeigen, die einem wichtig sind. Wenn der Hund zum Beispiel nicht auf das Sofa oder das Bett darf, ist es sinnvoll ihm das gleich beim Einzug verständlich zu machen. Natürlich können wir auch im Nachhinein immer wieder korrigieren, doch fällt es sowohl dem Besitzer als auch dem Vierbeiner schwerer.

Wir haben vor einer Woche Zuwachs bekommen. Eine süße kleine Labrador-Dame, ein Welpe mit 9 Wochen, ist bei uns eingezogen. Bei uns leben viele Hunde, denn wir haben ein kleines Hundehotel. Unsere kleine Nele darf von Anfang an die Bekanntschaft mit unterschiedlichen Charakteren machen.

Da ist zum Beispiel die einjährige Winni, die selbst noch ein Kind ist und dementsprechend Nele gleich in Beschlag genommen hat. Mit ihr kann die Kleine kuscheln, spielen und ausgelassen herumtollen.

Dann gibt es noch Milo, einen zweieinhalbjährigen Bardino-Mix, der selbst gerade erst einigermaßen erwachsen geworden ist. Der Welpe hat schnell gelernt, dass „Onkel“ Milo oft keinen Spaß versteht. Er setzt der Kleinen viele Grenzen. Er klaut ihr das so mühevoll erkämpfte Spielseil, wirft es ihr immer wieder vor die Füße, um es im gleichen Moment wieder für sich zu beanspruchen. Die Kleine darf lernen, mit ihrem Frust umzugehen.

Weiterhin gibt es noch Fräulein Rottenmeier – die Labrador-Dame Amy. Fräulein Rottenmeier gibt sich nicht mit allen ab und schon gar nicht mit Neulingen. Sie braucht sich nur kurz zu räuspern, dann läuft die Kleine schon weg.

Labradorhündin Lilly, bereits 14 Jahre alt, ist ein Schatz. Sie erlaubt alles und genießt die Anwesenheit der kleinen Nele. Die Oma kuschelt ganz oft und intensiv mit ihr.

Windhund-Mix Sammy hat es nicht so mit Welpen. Meistens nimmt er Reißaus, wenn die Kleine sich nähert, was dann wiederum dazu führt, dass Nele nun erst recht hinterherläuft.

Die scheinträchtige Elfi war erbost. Ein Welpe aus einem anderen Wurf? Nicht mit ihr. Sie hat versucht zu attackieren und ließ keine Gelegenheit aus. Zum Glück konnten die Besitzer sie zeitig abholen, denn das war Stress für beide Seiten.

Einen generellen, angeborenen Welpenschutz gibt es nicht. Eine erhöhte Toleranz genießen Welpen nur in ihrem eigenen Rudel oder bei besonders toleranten und an Welpen gewöhnten Hunden. Eine Beißhemmung kann nicht von jedem Hund erwartet werden.

Ich brauche also nur die Hunde zu beobachten und weiß, wie ich mich am besten der kleinen Nele gegenüber verhalten kann. Wenn ich nicht möchte, dass sie mich anspringt, dann ignoriere ich das oder stoße sie sanft herunter. Wenn ich nicht möchte, dass sie mir die Möbel zerkratzt, dann verbiete ich es ihr und wenn ich nicht möchte, dass sie mich mit ihren kleinen spitzen Welpenzähnchen beißt, dann erkläre ich ihr ganz ruhig und souverän, dass ich das nicht dulde.

Es ist eigentlich ganz einfach. Und es ist fair unseren Hunden gleich von Anfang an mitzuteilen, was erlaubt ist und was nicht und innerhalb welcher Grenzen sie sich frei bewegen dürfen. Je mehr Grenzen wir setzen, desto mehr Freiheiten können unsere Hunde später genießen.

Und was gibt es Schöneres, als einen Hund, der auch wirklich noch Hund sein darf, der seinen Freilauf genießen kann, weil seine Besitzer ihm beigebracht haben auf dem Weg zu bleiben und sich nicht allzu weit zu entfernen.

In unserer heutigen Gesellschaft ist es bestimmt nicht einfach für einen Hund und schon gar nicht für Hundebesitzer. Gutes Benehmen wird einhellig von allen Seiten gefordert. Gewöhnen wir unsere Hunde doch am besten von Anfang an daran.

Marion Lindhof ist zertifizierte Hundetrainerin und führt mit ihrem Mann zusammen ein Hundehotel in Eschershausen.

Foto: Lindhof